Bibliografie Otto Lilienthals
eine kommentierte Übersicht
1873
"Theorie des Vogelflugs"
Vortrag vor dem Gewerbeverein Potsdam
Das Vortragsmanuskript ist erhalten.
Dieser erste bekannte Vortrag Lilienthals kann als wissenschaftliches Programm verstanden werden. Lilienthal befasst sich besonders mit der Kritik des Ballons und mit der Notwendigkeit zum Studium des Vogelflugs. Er führt Flügelschlag-Modelle vor. Lilienthal verweist auf die "Aeronautical Society of Great Britain", der die Brüder Lilienthal beigetreten waren und auf das Fehlen eines solchen Vereins in Deutschland: "Die Fliegekunst ist wenig geeignet, nach der Art des Schießpulvers erfunden zu werden. Aus diesem Grunde ist es eben schade, dass gerade die Engländer und nicht die mehr theoretischen Deutschen auf den Gedanken verfielen, einen Aeronautischen Verein zu gründen..."
1883
"Gefahrloser Dampfmotor für Kleingewerbe"
Vortrag vor dem Verein Deutscher Maschinen-Ingenieure
Der Vortrag fällt in das Jahr von Lilienthals Fabrikgründung. Sein früherer Arbeitgeber Carl Hoppe ist im Vorstand des 1881 gegründeten Vereins.
1886
"Über leichte Motoren und ihre Verwendung für die Luftschiffahrt"
Vortrag am 5. Juni im Berliner "Verein zur Förderung der Luftschiffahrt" (VzFdL)
Lilienthal berichtet über Flugmodelle mit motorischem Antrieb, u. a. über eine künstliche Taube mit Federmotor und natürlichen Flügeln von 50 g Gewicht und einen von ihm gebauten Dampfmotor von 1500g und 1/4 PS.
1888
"Der Kraftaufwand beim Vogelflug"
In drei zusammenhängenden Vorträgen [1], [2], [3] 1888 und 1889 stellt Lilienthal die Untersuchungen des Vogelfluges und darauf aufbauende Luftkraft-Messungen vor. Auch das Vortragsmanuskript ist erhalten. Das Protokoll vermerkt: "Das Interesse des Vereins an den interessanten Versuchen der Herren Lilienthal findet auf Antrag des Vorsitzenden Ausdruck durch Erheben von den Sitzen" Der Vortrag referiert wesentliche Teile des 1889 erscheinenden Buches:
1889
"Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst"
Die 2. Auflage erscheint 1910 mit zusätzlichen Kapiteln v. Gustav
Lilienthal, die 3. Auflage 1938, als Faksimile der 1. Auflage mit
handschriftlichen Korrekturen Otto Lilienthals und mit einem
Geleitwort des Aerodynamikers Ludwig Prandtl
russische Ausgabe "poljot ptiz", St. Petersburg, 1905
englische Ausgabe d. 2. Auflage: "bird flight as a
basis of aviation", New York, 1911
Das Buch stellt den Abschluss der flugphysikalischen Vorarbeiten Lilienthals dar. Er hat damit für sich persönlich die Voraussetzung geschaffen, mit dem Bau eines Flugapparates zu beginnen. Neben der Entwicklung einer Flugphysik im heutigen Sinne enthält das Buch die Darstellung aller Versuche, die Lilienthals in den vergangenen zwanzig Jahren durchführte, ein programmatisches Kapitel über die Grundsätze des Flugzeugbaus, ein Aquarell, 80 Holzschnitte von Lilienthals Hand und 2 Abschnitte im Reim, darunter das häufig zitierte Gedicht vom Storch.
In unterschiedlich populärer Form stellt Lilienthal in der Folgezeit
seinen Erkenntnisstand in Artikeln und Vorträgen vor. Die
wichtigsten Vorträge finden vor dem 1881 gegründeten "Deutschen
Verein zur Förderung der Luftschiffahrt" statt. Vereinsorgan ist die
"Zeitschrift für Luftschiffahrt" (ZfL).
Außerdem publiziert er häufig in der populärwissenschaftlichen
Wochenzeitschrift "Prometheus".
1890
"Der Flug der Vögel und des Menschen durch die Sonnenwärme"
heißt ein Artikel im "Prometheus"
Neben der gewölbten Tragfläche sieht Lilienthal einen wesentlichen Faktor der Kraftersparnis beim Vogelflug in einer aufsteigenden Komponente des Windes. Auch wenn der Titel auf eine Beschreibung thermischer Aufwinde hindeutet, sieht Lilienthal eine aufsteigende Komponente als allgemeine Erscheinung des Windes an.
"Der Schwebeflug der Vögel"
heißt ein ähnlicher, zweiteiliger, nur unvollständig bekannter Artikel in der Beilage zum "Führther Central-Anzeiger", In diesem ist eine Zeichnung Lilienthals von Störchem über seinem Haus veröffentlicht.
"Über die Möglichkeit des freien Fluges"
hält Lilienthal am 2. Juni einen Vortrag im Verein zur Förderung des Gewerbefleißes in Preußen.
1891
"Über Theorie und Praxis des freien Fluges"
heißt ein Vortrag vor dem VzFdL, als Artikel in ZfL
Nach dem bereits in seinem Buch vorgezeichneten Plan war Lilienthal zu Versuchen mit manntragenden Apparaten übergegangen und offensichtlich unzufrieden mit seinem Erfolg: "Der freie Flug bildet ein Arbeitsfeld für menschlichen Fleiss, welches wie kaum ein anderes sich dadurch auszeichnet, dass der Erfolg in so ungünstigem Verhältnisse zur aufgewandten Mühe steht.", leitet Lilienthal seinen Artikel ein. "Immerhin aber steht fest, dass wir am grünen Tisch allein nicht mehr weiter kommen, und dass auch am einfachen Rotationsapparat sich nicht mehr allzuviel erforschen lässt. Wir müssen weiter gehen, und mit der Luft beim wirklichen Fluge allein zu sein versuchen. ... Der Uebergang zur Fliegepraxis ist demnach ein nothwendiges Bindeglied in dem Aufbau unseres ganzen Wissens über die Fliegekunst." Lilienthal vergleicht das Fliegen mit dem Schwimmen und Fahrrad fahren, um festzustellen: "Auch das Schwimmen hat eine ausgeprägte Theorie. ... Der des Schwimmens Unkundige, dem diese Theorie auf dem Trockenen möglichst gründlich angelernt wird, würde aber höchst wahrscheinlich ertrinken, wenn er in die Lage käme, seine theoretischen Kenntnisse zur Rettung seines Lebens zum ersten Male praktisch zu verwerthen."
Nur kurze Zeit später kann Lilienthal den Erfolg vermelden, den der Franzose F. Ferber später den Beginn des Menschenflugs nennt:
"Ueber meine diesjährigen Flugversuche"
Vortrag vor VzFdL, ZfL Nr. 12 (Digitalisat) (Transkript)
engl. Übersetzung des Urtexts:
1892
"Ueber die Mechanik im Dienste der Flugtechnik"
Artikel in ZfL
In drastischen Worten bemüht sich Lilienthal um die Klärung physikalischer Grundbegriffe: "Die unerquicklichen Streitschriften flugtechnischer Heisssporne vermehrten die Fachliteratur um eine Unzahl unfruchtbarer Gedanken. Unwissenheit, Rechthaberei und Dünkel verliehen der ganzen flugtechnischen Literatur einen unvortheilhaften Charakter ... Zum Überfluss trieb daneben der Laie seine Gefühlsmechanik und suchte sich die Flugvorgänge auf seine Art zu erklären. Natürlich musste dies Alles gedruckt werden."
Auch in den Folgejahren berichtet Lilienthal dem Verein regelmäßig über seine Flugversuche, zu denen er auch Fotografien vorlegt.
"Einiges aus meiner Fliegepraxis"
Vortrag vor VzFdL am 17. Oktober
Lilienthal berichtet über Flugweiten bis 60 m.
"Ueber den Segelflug und seine Nachahmung"
Artikel in ZfL
Eine Zusammenfassung erschien im "American Engineer and Railroad Journal", Rubrik "Aeronautics" unter dem Titel "Soaring and its imitation"
Lilienthal berichtet über gefährliche Flug-Situationen, die Grenzen der Nachahmung des Vogelfluges und die Nutzung des natürlichen Windes, wie er ihn bei seinen Versuchen erfahren hat: "Was ist der sinnreichste künstliche Flugapparat gegen die mit Gefühl ausgestatteten natürlichen Schwingen? ... Der künstliche Flügel des Menschen ist und bleibt ... ein mangelhaftes Werkzeug, und dennoch kann ich bestätigen, dass auch bei Anwendung künstlicher Flugapparate die Uebung und Erfahrung das Ihrige thut, um nach und nach gewisse Unvollkommenheiten zu beseitigen und die Sicherheit in dem Umgange mit dem Winde bedeutend zu erhöhen." Dabei erwähnt er auch das für ihn wichtigste Sicherheitssystem, das er während seiner gesamten Fliegepraxis beibehielt: Die Möglichkeit, sich über einem in Windrichtung sanft abfallenden Hang aus dem Apparat herausfallen zu lassen. "Die Umgebung von Berlin ist leider arm an guten Uebungsstellen für den Segelflug. Das Ideal des letzteren bildet ein nach allen Seiten abfallender sandiger Hügel von wenigstens 20 m Höhe, der den Absprung nach jeder Richtung gestattet." 1894 schafft sich Lilienthal in der Nähe seiner Wohnung einen solchen künstlichen Hügel aus einer Abraumhalde.
Einem ganz anderen Thema wendet sich Lilienthal in seinem Artikel
"Die Opfer des Perpetuum mobile."
zu. Er beklagt in dem Artikel den vergeudeten Erfinderreichtum bei der Beschäftigung mit diesem Thema. Dass er häufiger Ansprechpartner für derartige Projekte ist, sieht er in seinen Flugversuchen begründet.
1893
"Die Flugmaschinen des Mr. Hargrave"
bespricht Lilienthal in einem Artikel in der ZfL
Lilienthal berichtet ausführlich über die leichten Flügelschlagmotore des Australiers Hargrave, da die Ergänzung seiner Gleitflugapparate durch Flügelschlagmechanismen auch eines der künftigen Ziele Lilienthals ist.
"Die Tragfähigkeit gewölbter Flächen beim praktischen Segelfluge"
Artikel
in der ZfL Nr.11
Als "The carrying capacity of arched surfaces in sailing
flight" erscheint die Übersetzung des Artikel im April des
Folgejahres außerdem in "Aeronautics" und identisch in O. Chanute: "Progress
in Flying Machines", New York, 1894, Appendix
und gekürzt im "L'Aeronaute" 27/1(1894), S. 10
als: "Essais de planement dans l'air"
Im November 1893 kann Lilienthal mit Befriedigung über geradezu riesige Fortschritte berichten. 2 beigefügte Fotos zeigen einen in den Rhinower Bergen hoch über die Landschaft dahin fliegenden Menschen. Auf 2 weiteren Fotografien ist seine Berliner Fliegestation zu sehen, sein neu errichteter Absprungturm, der seinen Anforderungen aber schon bald nicht mehr genügt und im folgenden Jahr durch den "Fliegeberg" in Lichterfelde ersetzt wird. Im Angesicht des Erfolges erwähnt er Ausgangpunkt und Entwicklung und lässt auch die Einwände seiner prominenten Kritiker Helmholtz und Reuleaux nicht unerwähnt: "Man hatte damals von Staats wegen durch eine besonders gelehrte Commission gerade feststellen lassen, dass der Mensch ein für alle Mal nicht fliegen könne..." Lilienthal beschreibt seine neue zusammenlegbare Flügelkonstruktion, das Prinzip der Steuerflächen und der Steuerung: "Von der großen Klafterbreite meiner früheren Apparate bin ich nach und nach abgekommen"; und die Erfahrung des Fliegens im Hangaufwind, die ihn höher trug, als er gestartet war. Er begründet nochmals seine aufrechte Flughaltung, die für seinen Schutz bei den noch unsicheren Flügen unerlässlich ist: "Vor der Hand scheint es mir nicht rathsam, den Körper in eine gestreckte Lage zu bringen. ... Später wird man vielleicht hierzu übergehen können." Neben der Übung des Fluges in kräftigerem Wind ist die Verlängerung des Fluges durch motorische Flügelschläge sein nächstes Ziel: "Eine Dampfmaschine, welche ich zum Bewegen der Flügel für meine demnächstigen Versuche bereits vollendete, wiegt für halbstündige Arbeitsdauer eingerichtet bei einer Leistung von 2 HP mit allen Nebentheilen 20 kg." Die Wölbungstiefe seiner Profile hat er nach praktischen Erfahrungen auf 1/18 bis 1/20 reduziert. Als einzige Alternative zum Flügelschlag sieht er "hebende und gleichzeitig vorwärtstreibende Luftschrauben". Bemerkenswert ist, dass Lilienthal seine Flugleistungen in den folgenden drei Jahren bis zu seinem tödlichen Absturz nicht mehr wesentlich steigern konnte.
"Zur Flugfrage"
2-teiliger Artikel im "Prometheus"
Im Prometheus erfolgt eine Zusammenfassung der beiden vorgenannten Artikel. Der 2. Teil erscheint gekürzt als "The Problem of flying" im Smithsonian Report for 1893
"Praktische Erfahrungen beim Segelfluge"
zweiteiliger Artikel im "Prometheus"
Der
1. Teil berichtet über die verschiedenen Richtungen in der
Flugtechnik vom Insektenflug bis zum Ballon. Der 2. Teil setzt den Bericht über die eigenen
Arbeiten ("zur Flugfrage") fort.
Als "Practical Experiments in Soaring" erscheint
der 2. Teil im "Smithsonian Report"
"Der Schwebeflug des Menschen" heißt ein Manuskript, das 1993 in New York veräußert wird. Der Inhalt ist nur auszugsweise bekannt. Der Auszug behandelt das Projekt für einen künstlichen Fliegeberg, der 1894 in kleinerer Form bei Berlin realisiert wird. In den Artikel gehen offensichtlich die Rhinower Erfahrungen bereits ein.
"Ueber Schraubenflieger"
kleinere Mitteilung in der Zeitschrift für Luftschiffahrt
Lilienthal beschreibt in Auseinandersetzung mit den Flugtechnikern Popper, Lössl und Jarolimek, warum Luftschrauben aus seiner Sicht im Gegensatz zum Flügelschlag nicht mit dem Segelflug kombinierbar sind.
1894
"Allgemeine Gesichtspunkte bei Herstellung und Anwendung von
Flugapparaten"
Der Artikel in der Zeitschrift für
Luftschiffahrt ist als Sonderdruck unter dem Titel "Die
Flugapparate", Berlin 1894 erschienen;
sowie im "L'Aéronaute" als "Principes généraux a considerer dans la
construction et l'emploi des appareils de vol"
"Über den gegenwärtigen Stand der Flugfrage"
In einem populären Artikel im Berliner Tageblatt beleuchtet Lilienthal am 21. Januar das Gesamtgebiet von Luftschiffahrt und Flugtechnik und ihre Protagonisten. Daneben enthält der Artikel auch Lilienthals aus einem Brief an M. v. Egidy bekannte Vision vom Flugzeug als entscheidendem Mittel zur Erreichung eines friedlichen Miteinanders der Völker.
Am 22. Januar hält Lilienthal im Verein zur Förderung der Luftschifffahrt einen Vortrag mit Vorführung seines Apparates, dessen Titel nicht genau bekannt ist. Möglicherweise gehört die erhaltene Manuskriptseite "Praktische Flugversuche - Eine Anleitung zur Entwicklung des freien Fluges" zu diesem Vortrag.
"Über die Geheimnisse des Vogelfluges"
Der Vortrag vor der Polytechnischen Gesellschaft
am 15. 11. ist im "Polytechnischen Zentralblatt" abgedruckt.
Auch das Manuskript ist erhalten.
In einem populären Vortrag spannt Lilienthal den Bogen vom uralten Flugtraum über zeitgenössisches Flugspielzeug zum Studium des Vogelflugs. Er stellt seinen Flugapparat aus und vergleicht das Problem der Flugstabilität mit dem Erlernen des Einrad-Fahrens. Er macht genaue Angaben zu seinen Flugleistungen: 250 m weit in Rhinow bei einem Höhenverlust von 35 m; ca. 1500 Flüge in einem Jahr am Fliegeberg. "Zum Schluss möchte ich Sie noch bitten, das von mir Erreichte nicht für mehr zu halten, als es an und für sich ist. Auf den Photographien, wo Sie mich hoch in der Luft dahinfliegen sehen, macht es den Eindruck, als wäre das Problem schon gelöst. Das ist durchaus nicht der Fall. Ich muss bekennen, dass es noch sehr vieler Arbeit bedarf, um dieses einfache Segeln in den dauerhaften Flug des Menschen zu verwandeln. Das bisher Erreichte ist für den Flug des Menschen nichts anderes, als die ersten unsicheren Kinderschritte für den Gang des Mannes bedeuten."
Einen sehr ähnlichen Vortrag hatte Lilienthal kurz zuvor, vermutlich am 6. November, im Architektenverein zu Berlin gehalten:
"Über die Grundlagen der Flugtechnik"
veröffentlicht in "Deutsche Bauzeitung" und in "Berliner Börsen-Zeitung". Das Manuskript ist ebenfalls erhalten.
Mit prägnanten Worten beschreibt er die 3 Probleme des Fliegens:
Starten, Stabilität, Landen (wegen der nötigen schnellen
Verringerung der Geschwindigkeit). Das Problem bestehe darin, "dass
man das Fliegen nur lernen kann, wenn man es übt, dass man aber
das Fliegen ohne den Hals zu brechen nur üben kann, wenn man es
schon versteht! Darum ist eben bis heute die Flugfrage noch nicht
gelöst." Aus dieser Tatsache folgert er auch sein eigenes
Flug-Programm: "Fliegen heißt: sich mit einer Flugmaschine in
die Luft erheben. Das können wir nicht! Fliegen heißt ferner: Von
einer Bergspitze zu einer anderen gleich hoch gelegenen Bergspitze
durch die Luft sich hinüberzubewegen. Das können wir auch nicht!
Fliegen heißt aber auch sich von der Spitze eines Hügels in's Thal
durch die Luft herablassen. Das aber können wir. ... Es ist ferner
zu empfehlen, dass man die Apparate so einfach wie möglich wählt
und zunächst auf jeden Bewegungsmechanismus verzichtet. Daraus
entsteht dann naturgemäß der schräg abwärts gerichtete Segelflug
als diejenige Bewegung in der Luft, mit der wir unsere praktischen
Übungen beginnen müssen."
Im Deutschen Museum ist ein Manuskript "Der Segelflug" erhalten, welches
Beispiele aus den vorgenannten Vorträgen übernimmt. Das Manuskript
beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen des Segelflugs (im
durchaus heutigen Wortsinn), und mit vorhandenen Theorien zu
demselben. Das Manuskript war offenbar für eine schriftliche
Veröffentlichung gedacht, scheint aber unvollständig oder nicht
beendet zu sein.
"Weshalb ist es so schwierig, das Fliegen zu erfinden?"
Artikel
im "Prometheus"
als "Why is artificial flight so difficult?" veröffentlicht in "Aeronautics" (American Engineer and Railroad
Journal)
Lilienthal beschreibt ausführlich sein Flugtraining und veröffentlicht nur wenige Tage alte Fotografien von Anschütz. "Bis zu welcher Vollkommenheit wird es möglich sein, den freien Menschenflug zu entwickeln? Ja - "Entwickeln!" das ist der richtige Ausdruck". Er berichtet über seinen ersten Flügelschlagapparat mit Motor von 40 kg Gewicht. "Wenn sich die Erkenntniss erst allgemein Bahn bricht, nach welcher Richtung die flugtechnische Forschung Noth thut, werden die jetzt noch so sehr zersplitterten Kräfte schnell sich auf die richtigen Punkte concentriren"
in einer kl. Mitteilung berichtet Lilienthal über
"Maxims Flugmaschine"
1895
"Das Flugproblem"
Artikel
in "Naturwissenschaftlich-Technisch-Soziale Korrespondenz"
Das Manuskript ist unvollständig erhalten.
In den folgenden Artikeln spielen verstärkt kulturelle und
technische Visionen eine Rolle. Deutlich wird das starke Engagement
der Brüder Lilienthal in der Reformbewegung im Deutschland der
Jahrhundertwende. "Ja, wenn mit dem Fliegen sich bereits Geld
verdienen ließe, möchte wohl mancher seine Gleichgültigkeit gegen
die Rätsel des Fluges verlieren. Aber die größte Triebfeder des
technischen Fortschritts, die Spekulation, vermag hier noch nicht
erfolgreich ihren Hebel einzusetzen." Lilienthal vergleicht den
Menschenflug mit der sich stürmisch entwickelnden
Elektrizitätstechnik: "Wie die Geier über das Beuteaas
herfallen, ... so stürzen sich heute die Aftererfinder und
ausbeutenden Industriellen auf einen großen genialen Gedanken."
Ein weiteres offenbar unvollständiges Vortrags-Manuskript trägt den Titel:
"Über die Fortschritte in der Flugtechnik".
Es ist 1895 entstanden, wie sich aus der Erwähnung der Pläne der
Luftschiffers Andreè und der von Wölfert auf der Berliner
Gewerbeausstellung ergibt.
"Welch ein Culturfortschritt wäre dagegen errungen, wenn man die freie Athmosphäre zum allgemeinen Verkehr benutzen könnte, wo kein Gebirge, kein Wald, kein Wasser, kein Sumpf unsere Bewegungen hindert. Sie haben sich selbst vielleicht schon einmal ausgemalt, dass z. B. die Grenzen der Länder ganz ihre Bedeutung verlieren, weil man dieselben bis in den Himmel nicht absperren kann. Man kann sich kaum vorstellen, dass Zölle und Kriege dann noch möglich sind. Der ungeheure Aufschwung, den der Weltverkehr der Völker untereinander nehmen würde, müsste schließlich die Sprachen zu einer Weltsprache mischen. Doch es soll nicht meine Aufgabe sein, die gewaltigen Umwälzungen auf allen Gebieten herzuzählen und Ihnen überschwängliche Zukunftsbilder zu entrollen. Wir wollen lieber den heutigen Stand der Flugtechnik einer ganz nüchternen Betrachtung unterziehen." Es folgt eine aktuelle Analyse der Ballontechnik und der Erforschung des Vogelflugs. Das Manuskript bricht ab, bevor es zum Thema des Titels kommt.
Am 21. Juni hält Lilienthal in der Allgemeinen
Ausstellung für Sport, Spiel und Turnen einen Vortrag mit
dem Titel:
"Die Fliegekunst als ein Zweig des Turnens".
Den Einführungsvortrag hatte am 7. Juni der Sozialethiker Moritz
von Egidy gehalten. Sein Vortrag "Turnen, Spiel und Sport sind Elemente der
Volkserziehung" und Lilienthals
Vortrag sind im Ausstellungskatalog abgedruckt.
"Der Kunstflug"
Kapitel
9 in "Moedebecks Taschenbuch für Flugtechniker und
Luftschiffer", Berlin, 1895
2. Auflage 1904, und weitere. 1907 erscheint das "Pocket-Book of Aeronautics" als "authorised
english edition" in London und New York (Chap. 11: "Artificial
Flight")
Im Teil B definiert Lilienthal den von ihm so genannten Kunstflug: "Kunstflug bedeutet willkürliches Fliegen eines Menschen mittels eines an seinem Körper befestigten Flugapparates, dessen Gebrauch persönliche Geschicklichkeit voraussetzt. ... Am leichtesten zu regieren ist ein Apparat, welcher zum Fliegen eines einzigen Menschen dienen soll. ... Die Stabilität beim Vorwärtsfliegen ist Übungssache." Es folgt die Behandlung der Flügelprofile und eine Anleitung zum persönlichen Kunstfluge, in der Lilienthal seine Übungen als allgemeingültiges Trainingsprogramm vorstellt.
"ÜBER LEICHTE UND GEFAHRLOSE DAMPFERZEUGER UND IHRE ANWENDUNG IN DER FLUGTECHNIK"
ist der Titel eines Vortrags, den Lilienthal am 15. Februar vor dem Berliner Techniker-Verein hält. Er beschreibt Maxims Dampfmaschine und seine eigenen Kesselkonstruktionen.
"Die Profile der Segelflächen und ihre Wirkung"
Artikel
in "Zeitschrift für Luftschiffahrt"
Unter dem Titel "at Rhinow" erschien 1897 ein Auszug in "The Aeronautical Annual", a.a.O.,
S. 92
Lilienthal rekapituliert seine experimentellen Ergebnisse zum Tragflügelprofil mit einigen neuen Erkenntnissen: "Die Natur scheint im allgemeinen mehr Werth auf eine glatte Oberseite zu legen, wenigstens tritt dies deutlich an der Form der Schwungfedern hervor, welche oben stets vollkommen glatt sind. ... Hieraus könnte man schließen, dass die Saugewirkung über den Segelflächen mehr Bedeutung bei dem Fluge hat als die Druckwirkung der Luft auf die Unterseite der Flächen."
"Unsere Lehrmeister im Schwebeflug"
Artikel
im "Prometheus"
erschienen als "Our Teachers in sailing flight" in "The
Aeronautical Annual", 1897
eine abweichende Übersetzung von Octave Chanute ist unter dem Titel
Our Masters in Soaring als Handschrift in der University of
Chicago erhalten.
Der Artikel ist die Auswertung einer Studienfahrt in das Storchendorf Vehlin (Brandenburg), in dem Lilienthal auf 40 Häusern 54 Storchennester zählt. In Begleitung des Fotografen Dr. Fülleborn will Lilienthal den dynamischen Segelflug seines Vorbild-Vogels Storch studieren. Zahlreiche Fotografien dieser Fahrt wurden dem Museum jüngst aus dem Nachlass Lilienthals übergeben.
"Über die Ermittlung der besten Flügelformen"
Artikel
in der Zeitschrift für Luftschiffahrt,
unter dem Titel "La découverte des meilleures formes d' ailes"
in "L'Aéronaute"
und unter dem Titel "k woprosu o mechanitscheskoi letanii" (Zur
Frage des mechanischen Fluges) erschien der Artikel aus dem
Französischen ins Russische übersetzt und mit einem Nachruf
versehen im "Inshenernyi shurnal" (Ingenieurzeitschrift), Nr. 40
(Okt., 1896) S. 122
ein Auszug wurde veröffentlicht als "The best
shapes for Wings" in "The Aeronautical Annual" 1897. Der Auszug
betrifft die geplanten Modellexperimente, die als "Lilienthal's
unfinnished work" bezeichnet werden.
"Ob die aus Federn gebildete Structur des Flügels demselben
besondere Eigenschaften verleiht, wodurch der Trageeffekt erhöht
wird, ist zwar schon vermuthet jedoch noch nicht bewiesen. ...
Deshalb ist es auch fraglich, ob wir Unrecht thun, wenn wir uns
beim Bau von Flugapparaten mehr an die praktisch leichter
ausführbare Construction der Fledermausflügel halten."
Lilienthal verweist auf neue Vogelstudien und die Nützlichkeit einer
Profilverdickung an der Vorderkante. Die Arbeit am Flügelprofil sei
wichtiger als der Motor. Für seine weitere Arbeit sieht er zwei
Richtungen: die bessere Beherrschung des Windes und den Antrieb. "Die
zeitraubende Verbesserung der zu Letzterem erforderlichen
maschinellen Einrichtungen hat mich aber zu bestimmten Resultaten
noch nicht gelangen lassen. Dagegen bin ich mit dem Winde im
letzten Sommer auf einen etwas vertrauteren Fuss gekommen ..."
In Ergänzung zum Artikel "Fliegesport und Fliegepraxis" erwähnt
Lilienthal seinen Versuchsapparat von 1895 (Flügelverwindung,
Widerstandsflächen, Vorflügelklappe): "Ich übergehe die Mittel,
welche von mir angewendet wurden, um durch willkürliche
Formveränderung der Flügel die Stabilität des Fluges zu
vergrößern, weil ein anderes Prinzip überraschend günstigere
Resultate ergab": die Doppeldecker. Er beschreibt zur
Optimierung der Flügelprofile ein Programm mit Modellen, das in
seiner Genauigkeit den bekannten Messverfahren überlegen sei: "Ich
stelle diese Profile aus starkem Zeichenpapier her und gebe ihnen
etwa 10 cm Breite und 50 cm Länge." Diese sollen bei ruhigem
Wetter von erhöhter Stelle gestartet, in ihrer Flugzeit beurteilt
und zur Ermittlung des besten Profils über zahlreiche Versuche
gemittelt werden.
"Fliegesport und Fliegepraxis"
zweiteiliger Artikel in "Prometheus" [Digitalisat].
In geringfügiger Überarbeitung veröffentlicht in "Aeronautical
Annual", Boston, 1896 als "Practical experiments for the development of human
flight"
und in "Frank Leslie's Popular Monthly", als "Flying as a Sport".
Das handschriftliche deutschsprachige Manuskript des Artikels ist im
National Air and Space Museum
Washington ausgestellt.
engl. Übersetzung des Urtexts:
Die Abhandlung ist eine populäre Darstellung des Kapitels "Der Kunstflug". Die weitere Entwicklung sieht Lilienthal in der Etablierung eines Sports, so wie die tatsächliche Entwicklung des Segelflugs in den 20er Jahren des 20. Jh. ablief. "Es kommt also darauf an, eine Methode aufzufinden, welche die gefahrlose Veranstaltung von Flugversuchen gestattet und gleichzeitig als interessante Unterhaltung sportlustiger Männer sich verwerthen lässt. ...Unbeschreiblich ist der Reiz, den solche Flüge gewähren, und eine gesundere Bewegung im Freien sowie ein mehr anregender Sport sind wohl nicht denkbar. Der Wetteifer bei diesen Uebungen muss nothgedrungen zu einer steten Vervollkommnung der Apparate führen, gerade so, wie wir dies z. B. bei den Fahrrädern erlebt haben." Lilienthal nennt die eigenen Erfahrungen, die zu einer stetigen Vervollkommnung seiner Apparate führten. "Meine Experimente erstrecken sich besonders nach zwei Richtungen. Einerseits bin ich bemüht, meine Erfolge im Duchsegeln der Luft mit unbeweglichen Apparaten dahin auszudehnen, dass ich die Ausnutzung immer stärkerer Winde einübe, um dadurch womöglich in den dauernden Schwebeflug hineinzukommen. Andererseits suche ich den dynamischen Flug durch Flügelschläge zu erreichen, die durch einfache Zuthat zu meinen Schwebeflügen eingeführt werden. Die dazu erforderlichen maschinellen Einrichtungen, welche auch nur durch Umwandlungen eine gewisse Vollkommenheit erreichen können, gestatten mir noch nicht, abgeschlossene Resultate bekannt zu machen." Lilienthal beherrscht jetzt Windstärken bis 7 m/s. "Dennoch aber gewann ich die Überzeugung, dass ... irgend etwas geschehen müsse, um die Lenkbarkeit und leichtere Handhabung der Apparate zu vervollkommnen." Einen für ihn überraschenden Erfolg hat Lilienthal mit dem Übergang zu Doppeldeckern. Bei 10 m/s Windgeschwindigkeit kann er vom Startpunkt ohne Anlauf abheben. "Am Gipfelpunkt einer solchen Fluglinie kommt der Apparat zuweilen längere Zeit zum Stillstand, so dass ich oben in der Luft mit den Herren, die mich zu fotografiren wünschen ... über die zur Aufnahme geeignete Stellung verhandeln kann." Mit Bezug auf die Arbeit Langleys (The Internal Work of the Wind) beschreibt er geradezu seherisch die künftige Segelflugpraxis: "Mein Bestreben ... ist darauf gerichtet, ... kreisend den stark hebenden Windpartien [zu] folgen." Er endet mit einem Aufruf zur Vergrößerung seines Fliegeberges durch private Geldmittel: "Sowohl von Staats wegen in Moskau als auch von privater Seite in Boston beschäftigt man sich lebhaft mit der Bildung einer Station für private Flugversuche im grossen Maassstabe. Es wäre schade, wenn durch mangelnden Unternehmergeist dergleichen in unserem Vaterlande nicht zu Stande käme."
1896
"Praktische Flugversuche"
heißt der letzte bekannte Vortrag Lilienthals, wenige Wochen vor seinem tödlichen Absturz. Er findet am 10. 6. auf der "Berliner Gewerbeausstellung" statt, auf der Lilienthal auch die Produkte seiner Fabrik für Dampfmaschinen ausstellt.
Der Schwbeflug des Menschen
Am 12. Juni erscheint in der Neuen Hamburger Zeitung ein populärer Artikel, in dem Lilienthal seine Vision eines Flugsportes und die Möglichkeit des dauerhaften Segelflugs beschreibt.
"Moderne Raubritter - Bilder aus dem Berliner Leben"
nach wahren Begebenheiten für die Bühne bearbeitet von Otto
Lilienthal"
ist der Titel eines Theaterstücks, dass Lilienthal zunächst unter
Pseudonym (Carl Pohle), später aber unter seinem Namen
veröffentlicht. Das Berliner Volksstück zeigt offensichtlich
deutliche autobiographische Züge. Hintergrund ist Lilienthals
Engagement für das Berliner "Ostendtheater" das unter seiner
Mitträgerschaft zu einer Volksbühne umgestaltet wird.
In den Jahren 1890 bis 1895 verfasst Lilienthal
ferner zahlreiche Buchbesprechungen, Rezensionen und Mitteilungen in
der "Zeitschrift für Luftschiffahrt" und im
populärwissenschaftlichen "Prometheus". Die mit "L." und "O. L."
unterzeichneten werden ebenfalls Lilienthal zugerechnet.
Zwischen 1877 und 1895 meldet Lilienthal zahlreiche Patente in verschiedenen Ländern an. Nur vier davon betreffen die Flugtechnik.