Bild
Home > Museum > Sammlungen > Wanddampfmaschine

Der Dampfmotor des Flugpioniers

leichte Wanddampfmaschine Nr. 137, 1889

Dampfkessel- und Maschinenfabrik Otto Lilienthal,
Berlin, Köpenicker Straße 110/113

Das Otto-Lilienthal-Museum hatte 1997 mit großer Überraschung von der Existenz der Dampfmaschine in Australien erfahren. Der Kontakt zu dem australischen Besitzer, Frank Tynan aus dem Bundesstaat New South Wales, war durch das Lilienthal-Portal zustande gekommen, welches das Museum seit dieser Zeit auch in englischer Sprache im Internet unterhält.

Der Besitzer, ein passionierter Dampfmaschinensammler, hatte daraufhin die Anfrage an das Museum gerichtet, ob die Gleichheit des Namenszuges auf der Maschine in seinem Besitz mit dem Namen des Flugpioniers zufällig sei, oder ob es sich tatsächlich um die gleiche Person handele. Der Vergleich vorhandener Patentunterlagen und dreier bekannter Originalabbildungen mit den aus Australien übersandten Fotografien belegte sofort zweifelsfrei, dass es sich bei der in Australien erhaltenen Maschine um eine Maschine aus der Berliner Maschinenfabrik, nach bisherigem Wissen der einzigen erhaltenen, handelt.

1998 bereits hatte Tynan Anklam besucht, ohne dem Museum jedoch Hoffnungen auf die Rarität in seinem Besitz zu machen. Die spätere Absicht des inzwischen betagten Australiers, seine Sammlung in Großbritannien, dem "Dampfmaschinen-Mutterland" über ein Auktionshaus zu verkaufen, war eine Überraschung für das Museum. Das große Interesse, das das Museum während der vorangegangenen Kontakte geäußert hatte, bewog den Besitzer allerdings, dem Museum ein Vorerwerbsrecht einzuräumen. Die Einmaligkeit des Angebots und seine nationale Bedeutung machten den Ankauf mit Hilfe des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der Kulturstiftung der Länder möglich.

Das Heft Nr. 271 der Reihe Patrimonia der Kulturstiftung der Länder ist der Maschine und er Dampfmaschinenfabrik Otto Lilienthal gewidmet.

Lilienthal-Maschinen wurden ferner von den Firmen G. Kuhn in Stuttgart  (siehe A. Gieseler: Kraft- und Dampfmaschinen) und  U. Pornitz in Chemnitz in Lizenz gebaut. Maschinen dieser Hersteller sind nicht erhalten.

Die Maschine

Technische Daten

Hersteller: Maschinen-Fabrik O. Lilienthal, Berlin
Baunummer: 137, Baujahr 1889
Gesamtabmessungen (mm): Länge 1220; Breite 660; Höhe 700
Grundgestell (mm) Länge 1000; Breite 400
Gewicht (kg) 245
Schwungraddurchmesser (mm) 660
Hub (mm) 150
Zylinderdurchmesser (mm) 105
Leistung (PSe) ca. 3,5 - 5

Die Maschine ist ausführlich in der oben genannten Veröffentlichung beschrieben.

FotoDampfmaschine Nr. 137 in der Ausstellung des Museums. Der Zustand ermöglicht es, die Maschine in Betrieb zu setzen, in dem die Dampfzufuhr durch Pressluft simuliert wird.

Bauart:

Die von der Maschinenfabrik Otto Lilienthal gefertigte Maschine stellt eine stationäre, doppelt wirkende Einzylinder-Kolbendampfmaschine dar, die als hängende Wanddampfmaschine oder nach geringen technischen Veränderungen auch als liegendes Aggregat betrieben werden konnte. Mit den angegebenen Abmessungen gehört die Maschine zu den Kleindampfmaschinen. Die Steuerung erfolgt über einen exzentergeführten Flachschieber. Sie arbeitet als Volldruckmaschine ohne zusätzlichen Expansionsschieber.

Mit dem Baujahr 1889 gehört die Maschine zu den älteren noch erhaltenen stationären Antriebsmaschinen des deutschen "Dampfzeitalters". Die seltene Maschine befindet sich in einem bemerkenswert guten technischen Zustand. Nach einigen Überarbeitungen ist sie voll funktionsfähig.

Besonders beeindruckend ist die harmonische Gestaltung der Maschine, die an der Ausführung mehrerer konstruktiver Details ablesbar ist. Lilienthal formuliert dies selbst in seinen Werkprospekten, dass "die Bauart ... bei gefälligem Äußeren einen starken Eindruck macht".