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Die Erdzeichen von Peru -
Zeugnisse einer prähistorischen Luftfahrt?

Eine Hypothese von August Steimann (†), Würzburg

In den ebenen Wüstenflächen Perus wurden in den 1920er Jahren beim Überflug riesige Erdzeichnungen entdeckt. Diese sind größtenteils nur aus der Luft sichtbar. Sie befinden sich zwischen den Orten Nasca und Palpa, ca. 400 km südlich von Lima. Es handelt sich um bis zu 10 km lange Linien, Flächen bis 1 km Größe und bis zu 300 m große Tierdarstellungen. Ihre Entstehung wird heute auf 800 vor bis 600 nach Christus datiert und vornehmlich der Nazca-Kultur zugeordnet.

Fotografie

 

Erdzeichnung aus der Nähe

 

Die Zeichen entstanden durch das Forträumen der Eisenoxid-braunen Steine, so dass der gelbe staubigen Untergrund sichtbar wird. 1994 wurden die Zeichnungen von der UNESCO als "Linien und Bodenzeichnungen von Nasca und Pampa de Jumana" zum Weltkulturerbe erklärt.

Eine endgültige Erklärung für die Darstellungen gibt es bisher nicht. Die Erdzeichen sind Gegenstand mehrerer Forschungsprogramme. Hypothesen sehen in den Zeichen astronomische oder geologische Hilfsmittel und Kultstätten, die auch mit außerirdischen Besuchern in Zusammenhang gebracht wurden. Eine überraschende und gut in das Verständnis unseres Museums passende Hypothese stammt von August Steimann. Er besuchte Peru bereits vor Jahrzehnten, als die Erdzeichen noch fast völlig unbekannt waren. 

Luftbild

 

Der "Affe", Ausdehnung: ca. 100 m

 

 

Wir danken Herrn Steimann für die freundliche Erlaubnis, seine Hypothese in unserem online-Archiv zu veröffentlichen. Fotos und Zeichnungen wurden ebenfalls vom Autor zur Verfügung gestellt.

 

Fotografie

 

Der Autor (rechts) 1979, Peru. Im Hintergrund von der Anhöhe aus sichtbare Erdzeichen.


Die Geoglyphen von Nasca

Nasca: Stadt im Süden von Peru

Nazca: prä-inkaische Kultur der über Jahrhunderte vergessenen Bevölkerung im Fluss-Oasen-Bereich des Rio Grande und der Küste

1500 n. Chr. Inka
  Chincha
1000 n. Chr.  
  Küsten-Tiahuanco
500 n. Chr.  
  Nazca
500 v. Chr. Paracas Necropolis
  Paracas Cavernas
1000 v. Chr.  
   
1500 v. Chr. frühe Siedler

In näherer und weiterer Umgebung der Stadt Nasca in Peru befinden sich auf der Oberfläche der ebenen, wüstenähnlichen Pampa künstlich hervorgerufene Veränderungen, die "Erdzeichnungen" oder "Geoglyphen": gerade Linien, dreieckige und viereckige Flächen sowie figürliche Darstellungen. Vom Boden aus werden sie kaum erkannt, dagegen sehr gut und deutlich beim Überflug.

Fotografie Tierdarstellung

 

Besonders aus der Luft klar erkennbare Figuren

 

 

Die Ursache dieser Bodenveränderung ist weder mündlich noch schriftlich überliefert worden. Die Geoglyphen stammen aus einer prä-inkaischen Zeit. Wegen des Fehlens einer überlieferten Bedeutung gibt es sehr verschiedene Hypothesen. Keine erklärt bisher alle verschiedenartigen Bodenveränderungen gemeinsam als Spuren einer Funktion im Zusammenhang.

Im Folgenden sei eine weitere Hypothese zur Bedeutung der Geoglyphen hinzugefügt, für die es einige gute Gründe gibt:

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Es ist vorstellbar, die Menschen der Nazca-Kultur beherrschten ein Fliegen mit Drachen, die an Leinen gefesselt aufsteigen und niederkommen konnten, aber auch von der Halteleine befreit als Gleiter niederzugehen vermochten. Trotz der steinzeitlichen Kultur bestand die technische Voraussetzung zur Herstellung solcher Drachen durch Fertigung von Fäden und Geweben. Das ist aus vielen Grabfunden bekannt.
Die Möglichkeit wird auch durch die bekannte zweitausendjährige Geschichte des bemannten Drachens in Asien unterstrichen.

- 2 -

Darstellungen auf Keramiken und Textilien der Nazca-Kultur (einschließlich der Paracas-Funde) geben in auffälliger Weise schwebende und stürzende Gestalten wieder. Diese Darstellungen weisen darauf, dass den Urhebern ein Schweben und Stürzen bekannt war, auch wenn sie selbst nicht zur "fliegenden Personengruppe" gehörten. Eine systematische Auswertung der Darstellungen auf Funden nach "flugtechnischen" Gesichtspunkten ist bisher nicht erfolgt. Ein Fliegen mit Drachen wurde bisher nicht angenommen.

Fotografie

 

Darstellung eines geflügelten Wesens auf Textilien der Nazca-Kultur

 

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Die Veränderungen der Erdoberflächen sind denkbar als Reste eines Systems von Wegen und Flächen, das einstmals eine funktionelle Bedeutung für das Starten und Landen sowie für die Orientierung fliegender Personen hatte. Dank der besonderen meteorologischen Verhältnisse blieben die Spuren bei Nasca verhältnismäßig gut über mehr als tausend Jahre erhalten. Dadurch ist aus ihnen eine Rekonstruktion der Flugmethode herauszulesen.

Luftbild

 

Geoglyphen in der Pampa

 

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Um fliegen zu können, muss ein Drachen von einer Luftströmung angeblasen werden. Bei ausreichend starker Strömung kann eine widerstandsfähige Fläche, wie sie der an der einen Leine gefesselte Drachen darstellt, bei zweckmäßig schräger Anstellung gehoben werden. Das Steigenlassen von Drachen ist ein beliebtes Kinderspiel. Wenn dafür der Wind als anblasende Strömung zu schwach ist, kann die Strömung dadurch verstärkt werden, dass der Drachen angehoben wird und gegen den Wind sehr schnell gelaufen wird.

Um auf der mit scharfkantigen Steinen übersäten Fläche bei Nasca schnelle und geradeaus gerichtete Laufbewegungen gegen den Wind vornehmen zu können, war es erforderlich, in Richtung gegen den zu der Zeit herrschenden Wind alle hindernden Steine beiseite zu räumen.

Dadurch entstehen Laufwege für eine ungehindertes Aufziehen der Drachen. Weil es bei Nasca mehrere vorherrschende Windrichtungen gibt, wurden "Linien" in unterschiedlichen Richtungen angelegt.

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Größere Drachen, insbesondere Drachen, die Lasten heben sollten, benötigten lange gerade Laufwege für ganze Gruppen schnell laufender Personen zum Ziehen der Drachenleine.
Bei Nasca finden wir einzelne und auch parallel verlaufende doppelte Laufwege, sodass zwei parallele Gruppen schneller Läufer zum Hochziehen von Drachen Starthilfe leisten konnten.

Zeichnung

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Die starke Sonneneinstrahlung bei Nasca erzeugt thermische Vertikalwinde mit großer Hebewirkung. Sie werden aber erst oberhalb der schwächeren, mehr horizontal wehenden Bodenwinde voll wirksam. Drachen, die in Höhen oberhalb der Bodenwinde gebracht werden, werden von diesen starken thermischen Luftströmungen höher als von den schnell laufenden Starthilfen gehoben.

Bei ausreichend großen Drachen können als Lasten auch Menschen in die Höhe gehoben werden. Im 19. Jahrhundert waren derartige bemannte Drachenaufstiege auch in Europa in militärischer Nutzung bekannt.
In der ersten Phase könnten Gefangene unfreiwillig aufgelassen worden sein. Sobald einige von ihnen nach Einziehen der Drachenleinen lebend wieder den Erdboden erreichten, dürfte es gereicht haben, solche Flüge mit Drachens freiwillig zu versuchen. Neben praktischen Anwendungen ist die Entwickluung dieser Technik zu zeremoniellen oder religiösen Ritualen oder zur Demonstration von Macht leicht denkbar.

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LuftbildDurch das Einholen der Halteleinen lässt sich eine Landung des Fesseldrachens einleiten. Für daran befestigte Personen oder Lasten besteht im Bereich der schwächeren Bodenwinde die Gefahr der Beschädigung durch unerwartete Bewegungen des Fluggeräts. Diese können jedoch durch schnell herbeieilende Personen abgefangen werden. Doch dafür benötigten sie einen größeren Freiraum, als nur die Breite eines Laufweges. Bei Nasca sind am Ende vieler Laufwege Verbreitungen zu Flächen vorgenommen worden, die von Steinen frei geräumt wurden. So enden Laufwege als Dreiecke oder Trapeze.

Außer den dreieckigen und trapezförmigen Verbreiterungen der Laufwege finden wir bei Nasca auch von Steinen frei geräumte größere rechteckige Bodenflächen. Die größere Fläche eignet sich für Übungen zum Steigenlassen und Absenken von Drachen bei verschiedenen Windrichtungen. Sie erlauben größere Bewegung in mehrere Richtungen. So konnten die großen frei geräumten Flächen mehreren Zwecken dienen und dürfen insbesondere wohl als "Übungsfelder" angesprochen werden.

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Menschen, die, gezwungen oder freiwillig die Technik des Flugs mit Fesseldrachen beherrschen lernen und sich an den ungewohnten Flugzustand gewöhnen, werden die Erfahrung machen, dass sie durch ihre Bewegungen den Flugzustand beeinflussen.
Der moderne Hängegleiter wird durch Beeinflussung der Lage des Schwerpunktes mittels einer starren, trapezförmigen Lenkeinrichtung durch die unter dem Drachen hängende Person gesteuert. In der Nazca-Kultur könnte im Laufe der Flüge mit gefesselten Drachen die unter den Drachen hängende Persone die Möglichkeit erhalten haben, die Stellung der Drachenfläche im Wind zu verändern. Das verwandelt den Drachen in einen Hängegleiter, der nur von der Leinenverbindung gelöst werden muss, um zum gesteuerten frei fliegenden Drachen zu werden. Die Entwicklung des Hängegleiters vor ca. vierzig Jahren ging exakt diesen Weg.

Starke Hang- und thermische Aufwinde vermögen das gleitende Absinken zu reduzieren und sogar zu überwinden, sodass der Drachen im Aufwind zu steigen vermag. Die starke Sonneneinstrahlung über den Wüstenflächen bei Nasca erzeugt sehr starke thermische Aufwinde. Die technische Veränderung eines im Fesselflug fliegenden Drachen in einen frei fliegenden, lenkbaren Hängegleiter ist auch unter den technischen Bedingungen der Nazca-Kultur denkbar.

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Bei einem freien Fliegen in kräftigen Aufwinden ergeben sich Flugbewegungen über Grund, die das Fluggerät weit von dem Laufweg der Starthelfergruppe und damit von helfenden Personen für die Landung und Bergung des Geräts forttragen und machen Orientierungshilfen nötig, damit man schnell zur zugehörigen Bodenmannschaft zurückfindet. Eine solche Orientierung ist über dem graubraunen Wüsten-Gelände ohne natürliche Orientierungshilfen schwer möglich. Die fehlenden Orientierungshilfen lassen sich jedoch sehr leicht nach der gleichen Methode des Anlegens von Laufwegen durch Beiseitewerfen der Steine herstellen.
Da sich diese Orientierungshilfen deutlich von den geraden Laufwegen und Flächen unterscheiden müssen, gleichzeitig aber gut erkennbar sein sollen, bieten sich figürliche Darstellungen an.

Bei Nasca wurden figürliche Darstellungen von Tieren, Pflanzen, Spiralen und anderen Zeichen geschaffen. Sie sind sehr deutlich aus der Luft zu erkennen.

Luftbild Kolobri

 

Der "Kolibri", Ausdehnung: ca. 100 m

 

Diese echten Erd­zeichnungen oder Geoglyphen lehnen sich in der stilistischen Formgebung an Darstellungen der Nazca an. Sie erfüllen jedoch primär keine künstlerische oder ästhetische Funktion , sondern könnten als leicht zu identifizierende Bodenmarken gedient haben. Diese Zeichen könnten in der vorliegenden Hypothese ein Indiz sein, dass in Nazca nicht nur "gefesselt", sondern auch "frei" geflogen wurde. Der Weg vom Drachen zum Hängegleiter ist auch auf dem Stand der Technik in der Nazca-Kultur als möglich anzusehen.

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In einer einfacheren Erklärung könnten die figürlichen Darstellungen auch eine heraldische Funktion erfüllen, die Startplätze kennzeichnen oder ihr Sichtbarwerden aus der Luft das kultische Ziel eines bemannten Flugs gewesen sein. Naheliegend ist, dass die frühe Fliegekunst sekundär im Dienst herrschender Glaubensvorstellungen gestanden hat, da eine "Erhöhung" von "privilegierten" Personen gut in kultische Machtdemonstrationen passt.

Luftbild Spinne

 

Die "Spinne", Ausdehnung: ca. 60 m

 

Auch dies ist eine Hypothese. Indizien fehlen oder wurden sie bisher nicht beachtet?
Die primitiven Drachen bestanden wahrscheinlich nur aus leichtem Bambus-Gestänge, das durch Schnur zusammengehalten wurde und aus einer textilen Bespannung. Diese Materialien können im demontierten Zustand als Grabbeigaben Verstorbenen oder Verunglückten mitgegeben worden sein.
Geben Keramiken und Textilien Hinweise auf eine Technik früh möglichen Fliegens, zumal die Kultur der Nazca auffallend viele schwebende Gestalten zur Darstellung brachte?

Gibt es indianische Flugsagen und Überlieferungen?. Letztlich fand auch Heinrich Schliemann durch eine bis dahin "unglaubliche Sage" das verlorengegangene Troja.

Den aktuellen Forschungsstand, sowie Film- und weitere Bilddokumente zu den Geoglypen und dem Versuch Ihrer Erklärung liefert die online-Enzyklopädie Wikipedia.