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Zeitschrift für Luftschiffahrt, 1895, Heft 2/3, S. 42-57

Die Profile der Segelflächen und ihre Wirkung

von Otto Lilienthal

Seitdem die gekrümmten Flügelprofile in die Flugtechnik eingeführt sind und die Erkenntniss von der überwiegend grösseren Tragfähigkeit gewölbter Segelflächen gegenüber den mit ebenen Flügeln erzielten Hebewirkungen sich Bahn bricht, glauben die Flugtechniker, die Parabel als beste Profilcurve des Flügels bevorzugen zu müssen; und zwar findet man in den Projecten und Skizzen eine mit viel Uebertreibung in ungleichmässiger Krümmung gezeichnete Profillinie, während das analoge Parabelstück kaum merklich von der entsprechenden Kreislinie abweicht.

So lange man nur speculativ mit diesen Grössen sich beschäftigt, kommt es weniger auf die Einzelheiten der Profilkrümmung an. Sobald man aber an die praktische Ausführung herangeht, muss man sich für irgend eine Curve entscheiden, und deshalb lohnt es sich, die Gesichtspunkte für die Wahl der Profillinie bei Flügelorganen einer näheren Erörterung zu unterziehen.

Die Neigung der Flugtechniker, die Parabel als besten Flügelquerschnitt anzusehen, rührt wohl davon her, dass die Vogelflügel nach dem Vorderrande zu stärker gekrümmt erscheinen, theils davon, dass man sich eine mit gleichmässiger Massenbeschleunigung verbundene Ablenkung des Luftstromes durch den Flügel, wie solche theoretisch nur durch den parabolischen Querschnitt sich ergiebt, als am vortheilhaftesten dachte. Ausserdem hat die Parabelform etwas Bestechendes für die Erklärung ziehend wirkender Luftdrucke oder des etwas gegen die Bewegungsrichtung geneigten Luftwiderstandes.

Als eines der ganz unerwarteten Resultate meiner Untersuchungen über die Wirkung gekrümmter Flügel ergab sich, dass der Widerstand nicht senkrecht zur Sehne der Profilcurve steht, sondern dass bei gewissen spitzen Luftstosswinkeln seine Richtung nach vornüber neigt mit nicht unerheblich ziehender Componente. Nach der von mir gegebenen Tafel VI über die Luftwiderstände gewölbter Flächen wie auch aus der entsprechenden Tabelle in Kapitel VIII des soeben erschienenen Taschenbuches für Flugtechniker und Luftschiffer (Berlin, Kühls Verlag.) ist ersichtlich, dass die Abweichung der Kraftrichtung von der Normalen bei einer beispielsweise unter 15° vom Wind getroffenen Fläche etwa 5° gegen den Wind beträgt, sodass ungefähr 8½ Procent dieses Druckes als ziehende Kraft auftreten.

In dem genannten, von Herrn Hauptmann Mödebeck herausgegebenen Taschenbuche ist die Ermittelung der Luftwiderstände gekrümmter Flügel in folgender Weise angegeben:

Fig. 1

"Ein Flügel mit dem Profil a b (Fig. 1) werde unter dem Winkel alpha von der Luft mit der Geschwindigkeit v getroffen. Hierbei entsteht ein Luftwiderstand R, welcher im allgemeinen nicht normal zur Sehne a b steht, sondern aus der normal zur Sehne gerichteten Kraft N und der tangential zur Sehne gerichteten Kraft T sich zusammensetzt. Ist A die Flügelfläche, so ist
der Normaldruck

N = eta*0,13*A*v²;
der Tangentialdruck

T = theta* 0,13*A*v².

Die umstehende Tabelle zeigt, dass gewölbte Flächen noch tragende Eigenschaften besitzen, wenn sie unter spitzen Luftstosswinkeln von oben getroffen werden, also bei negativem alpha.

Die hemmenden Luftwiderstandscomponenten T wandeln sich bei Luftstosswinkeln über 3° in treibende Componenten um, die bei 15° ca. 1/12 der Hebewirkung erreichen und erst über 30° wieder verschwinden.

Bei den am häufigsten vorkommenden Bewegungsrichtungen der Segelflächen werden Luftwiderstände geweckt, welche sowohl stark tragend wirken als auch die Vorwärtsbewegung fördern."

Tabelle für eta und theta bei gegebenen alpha
(Nach der Tabelle für Eta und Theta lassen sich alle Segelwirkungen mit gewölbten Flächen, deren Profil dem des Vogelflügels ähnlich ist, berechnen.)

Alpha	Eta	Theta	Alpha	Eta	Theta
- 9°	0,000	+ 0,070	 16°	0,909	- 0,075
- 8°	0,040	+ 0,067	 17°	0.915	- 0,073
- 7°	0,080	+ 0,064	 18°	0,919	- 0,070
- 6°	0,120	+ 0,060	 19°	0,921	- 0,065
- 5°	0,160	+ 0,055	 20°	0,922	- 0,059
- 4°	0,200	+ 0,049	 21°	0,923	- 0,053
- 3°	0,242	+ 0,043	 22°	0,924	- 0,047
- 2°	0,286	+ 0,037	 23°	0,924	- 0,041
- 1°	0,332	+ 0,031	 24°	0,923	- 0,036
  0°	0,381	+ 0,024	 25°	0,922	- 0,031
+ 1°	0,434	+ 0,016	 26°	0,920	- 0,026
+ 2°	0,489	+ 0,008	 27°	0,918	- 0,021
+ 3°	0,546	  0,000	 28°	0,915	- 0,016
+ 4° 	0,600	- 0,007	 29°	0,912	- 0,012
+ 5°	0,650	- 0,014	 30°	0,910	- 0,008
+ 6°	0,696	- 0,021	 32°	0,906	  0,000
+ 7°	0,737	- 0,028	 35°	0,896	+ 0,010
+ 8°	0,771	- 0,035	 40°	0,890	+ 0,016
+ 9°	0,800	- 0,042	 45°	0,888	+ 0,020
 10°	0,825	- 0,050	 50°	0,888	+ 0,023
 11°	0,846	- 0,058	 55°	0,890	+ 0,026
 12°	0,864	- 0,064	 60°	0,900	+ 0,028
 13°	0,879	- 0,070	 70°	0,930	+ 0,030
 14°	0,891	- 0,074	 80°	0,960	+ 0,015
 15°	0,901	- 0,076	 90°	1,000	  0,000
            

Durch die Form des Vogelflügels darf man sich nicht täuschen lassen. Der Letztere ist im ungespannten Zustande stets mehr gekrümmt, als wenn der Vogel mit ihm auf der Luft ruht; und ausserdem wird auch die Krümmung, die anfänglich nach dem Vorderrande zu bedeutend verstärkt erscheint, eine etwas gleichmässigere, sobald die Federkiele an ihrer Wurzel durch den Luftdruck von unten mehr gerade gebogen sind. Ich habe derartige Messungen vorgenommen und auch auf Seite 92 meines Werkes über den Vogelflug dies durch eine Zeichnung näher erläutert.

Das Kriterium für die Verwendbarkeit einer Fläche zum dauernden Segelfluge besteht darin, dass die Belastung der Fläche im annähernd horizontalen Winde schwebend getragen wird.

Die richtigste Vorstellung von den Segelwirkungen beim Fliegen erhält man, wenn man sich einen gewissen Idealfall denkt, bei welchem die grösstmöglichste und aller Unvollkommenheiten entkleidete, durch Segeln hervorgerufene Tragewirkung entsteht. Wir nehmen zunächst an, das Flächenprofil A B in Fig. 2 sei kreisförmig und die Fläche werde in der Richtung der Sehne A B horizontal durch ruhende Luft gezogen. Die schlanke Krümmung wird hierbei hervorrufen, dass die Luft sich der Fläche anschmiegt, und dass dadurch eine mit der Geschwindigkeit der Fläche fortschreitende Wellenbewegung in der Luft entsteht. Eine analoge Erscheinung wird sich bilden, wenn die Fläche still steht, und ein horizontaler Luftstrom an derselben vorbeistreicht. Auch hier wird der Luftstrom eine sich dem Flächenprofil anpassende Wellenbewegung machen.

Der Idealfall zeichnet sich nun dadurch aus, dass die Lufttheilchen nicht bloss genau dem Profile folgen, sondern auch wie in der Figur angedeutet, bevor sie die Vorderkante A der Fläche passiren, sich so in stetiger sanfter Ablenkung aus ihrer vorherigen horizontalen Bahn entfernen, dass dieselben tangential und ohne Stoss die Fläche treffen. Die Hälfte der an der Wellenbewegung theilnehmenden Luftmasse wird oberhalb, die andere Hälfte unterhalb an der Fläche vorbeistreichen.

Fig. 2

Vermöge der ausserordentlichen Beweglichkeit und Elasticität der Luft wird die Wirklichkeit sich diesem Idealfalle sehr nähern. Insbesondere wird die Stellung einer solchen Segelfläche im Luftstrom eine gewisse Vorwirkung auf die anströmende Luft ausüben und die tangentiale Anpassung in gewissem Grade vorbereiten. Desgleichen werden die Lufttheilchen nach Passiren der Fläche die Wellenbewegung noch fortsetzen und erst nach und nach in ihre horizontale Richtung wieder übergehen.

Infolge dieser Betrachtung schwebt eine segelnde gewölbte Fläche beständig mitten im Gipfel einer sich beständig neu bildenden Luftwelle.

Die von dem Medium ausgeübte Tragewirkung wird abhängig sein

  1. von der Luftmasse, welche gezwungen ist, der Flächenkrümmung zu folgen,
  2. von der Geschwindigkeit des Luftstroms,
  3. von dem Krümmungsradius der Profillinie.

Die Luft, welche oberhalb der Fläche in krummliniger Bahn hinstreicht, wird durch ihre Centrifugalkraft eine Saugewirkung auf die Fläche ausüben, indem eine schwache Luftverdünnung eintritt. Die Luft, welche unterhalb der Fläche entlang geht, wird durch ihr centrifugales Bestreben eine geringe Compression erfahren, die durch einen Druck von unten gegen die Fläche sich äussert. Luftverdünnung oberhalb und Luftverdichtung unterhalb oder, was dasselbe ist, die gesammte Fliehkraft der an der Fläche oben und unten krummlinig vorbeistreichenden Luft stellt die auf die Fläche ausgeübte Hebewirkung dar.

Natürlich ist die centrifugale Wirkung der passirenden Luft keine homogene, sondern dicht an der Fläche, wo die stärkste Anpassung an die Flächenkrümmung stattfindet auch am stärksten, von wo aus sich die Wirkung nach oben und unten allmählich abschwächt, bis sie in gewisser Entfernung oberhalb und unterhalb der Fläche unmerklich wird.

Statt dieses mit unhomogener Centrifugalkraft behafteten Luftstromes kann man sich nun einen gleichwerthigen Luftstrom denken welcher die aus der Flächenkrümmung sich ergebende Centrifugalkraft gleichmässig vertheilt besitzt.

Die Dicke dieses gleichwerthigen durch seine centrifugale Wirkung die Fläche hebenden Luftstromes können wir berechnen. weil wir aus Versuchen die Hebewirkung des Luftstromes selbst kennen.

Ist die Pfeilhöhe h des Bogens AB gleich (1/12) AB. so ist nach Tafel VII meines Werkes über den Vogelflug die Hebekraft auf die Fläche F unter der Neigung 0° annähernd: 0,4*(gamma/g)*F*v².

Die Centrifugalkraft des Luftstromes ist: m*v²/r, wo r den Radius der Flächenkrümmung und m die Masse der mit Centrifugalkraft behafteten Luftmenge bedeutet. Da diese Centrifugalkraft mit dem auf die Fläche ausgeübten Hebedruck gleichbedeutend ist, so ergiebt sich

m*v²/r = 0,4*(gamma/g)*F*v²

Hat das Luftvolumen, welches durch gleichmässig vertheilte Centrifugalkraft Luftdruck erzeugt, die Dicke d, so ist:

m = F*d*gamma/g,

und F*d*gamma*v²/(r*g) = 0,4*(gamma/g)*F*v²

oder d = 0,4 r

Wollen wir also die Hebewirkung einer horizontal segelnden nach Art der Vogelflügel gekrümmten Fläche aus der Centrifugalkraft der zur krummlinigen Bahn gezwungenen Luft berechnen, so haben wir die Gesammtdicke dieser Luftschicht zu 0,4 vom Krümmungsradius des Flächenprofiles anzunehmen.

Bemerkenswerth hierbei ist, dass dieses Ergebniss mit der Vorstellung im guten Einklang steht, besonders auch dadurch, dass die Dicke der die Centrifugalkraft erzeugenden Schicht proportional der Flügelbreite b sich gestaltet; denn bei einem und demselben Wölbungsverhältniss ist das Verhältniss von Flügelbreite und Krümmungsradius auch dasselbe. Handelt es sich wie hier um h = (1/12)*b, so ist annähernd r = (3/2)*b, und

d = 0.6 b.

Hierbei hat man sich je eine Wellenschicht von der Dicke 0,3 b oberhalb wie unterhalb der Fläche zu denken.

Es fragt sich nun zu welchem Resultat eine analoge Betrachtung bei einer parabolisch gekrümmten Fläche führt. Auch hier kann man sich einen ähnlichen Idealfall für die vortheilhafteste Segelwirkung denken. indem die Lufttheile an dem Parabelprofile entlang gleiten; nun aber nicht durch Centrifugalkraft. sondern dadurch druckerzeugend wirken dass sie eine gleichmässig starke Ablenkung aus ihrer Bahn mit sich gleichbleibender Beschleunigung parallel zur Abscissenaxe der Parabel erfahren.

In der an dieser Beschleunigung theilnehmenden Luftpartie wird auch wieder keine homogene Beschleunigungserscheinung sich einstellen, sondern dieselbe wird ein Maximum an der Fläche selbst haben. Man kann aber auch hier wieder einen Luftstrom von einer gewissen Dicke d sich denken, in dem die Beschleunigung über die ganze Dicke gleichmässig vertheilt ist und der als Reaction den Luftdruck auf die Fläche darstellt.

Bevor nach Fig. 3 die Lufttheilchen der Wurflinie AB der Flächenkante in A sich nähern, um ohne Stoss an der Fläche entlang zu gleiten, müssen dieselben aus ihrer ursprünglich horizontalen Richtung nach oben genügend abgelenkt sein.

Den Scheitel der Parabel müsste man nun eigentlich im höchsten Punkte der Profillinie liegend denken, sodass der bei A ansteigende Luftstrom zunächst eine gleichmässige Verzögerung in seiner Erhebung bis zur Mitte der Fläche empfinge, wonach eine nach unten gerichtete gleichmässige Beschleunigung bis zum Verlassen der Fläche einträte.

In diesem Falle handelt es sich um eine symmetrische Wurflinie von der Pfeilhöhe h. Bezeichnet man die sich gleich gross gestaltende Verzögerung und Beschleunigung in verticaler Richtung mit f, so ist:

h = (½) f*t²,

wo t die Zeit bedeutet, in welcher die Luft die halbe Flächenbreite passirt. Bei der Luftgeschwindigkeit v wäre also:

t*v = b/2

und dies in die vorige Gleichung eingesetzt giebt bei h = (1/12)*b:

f = (2/3)*v²/b

Die an der Fläche passirende Luftmasse ist wie früher

m = F*d*gamma/g.

m.f giebt die zuerst verzögernde und dann beschleunigende nach unten gerichtete Kraft, die dem Druck auf die Fläche gleicht und nach Versuchen wie früher dem Ausdruck 0,4*(gamma/g)*F*v² entspricht. Daher die Gleichung:

(F*d*gamma/g)*(2/3)*v²/b = 0,4*(gamma/g)*F*v², woraus folgt

d =0,6 b.

Fig. 3

Dies ist aber dasselbe Resultat welches die Centrifugalwirkung ergab.

Es kam nun aber mehr darauf an einen unsymmetrischen, parabolischen Querschnitt dessen Krümmung nach der Vorderkante zu stärker ist, in die Betrachtung zu ziehen; denn so sind die parabolischen Profile in den flugtechnischen Projecten gemeint. Der Scheitel der Parabel läge dann in A, wobei AX die Abscissen- und AY die Ordinatenaxe wäre. Die gleichmässige Beschleunigung empfinge die Luft in der Richtung parallel zu AX. Die Luftmasse ist wieder:

m = F*d*gamma/g.

Die Beschleunigung f entspricht dem Wege GB und entwickelt sich aus:

GB = (1/2)*f*t², während jetzt:

t*v = b ist, woraus folgt:

GB = (1/2)*f*b²/v² oder:

f= 2*v²*GB/b²

Eine durch die Mitte von AB in C zu AX gezogene Parallele schneidet die Parabel in D und A Y in ,, wobei nach den Eigenschaften der Parabel CD = DE ist. So lange man voraussetzt, dass die Luft annähernd tangential bei A die Fläche treffe, darf auch AX nicht allzuweit von der Lothrechten abweichen. Es ist dann CD annähernd gleich h und GB = 4 h oder 1/3 b, sodass dann

f = (2/3)*v²/b wird, und

m*f = (2/3)*(v²/b)*(F*d*gamma/g) = 0,4*(gamma/g)*F*v²

voraus wiederum folgt: d = 0,6*b.

In Wirklichkeit ist CD etwas grösser als h und dies ergäbe eine etwas grössere beschleunigende Kraft. Da diese aber nicht genau senkrecht steht müsste dieselbe in gleichem Verhältniss wieder reducirt gedacht werden, um mit dem verticalen Hebedruck sich vergleichen zu lassen, sodass sich die Differenz wieder heraus höbe.

Diese wiederholt gleichen Resultate deuten schon darauf hin, dass die in Betracht kommenden Parabelbögen ausserordentlich wenig von dem zuerst angenommenen Kreisbogen abweichen werden. Selbst bei Profilen von 2 m Breite ist der Unterschied in der Lage des Parabelbogens von der Kreislinie so gering, dass die entstehende Differenz noch innerhalb der unvermeidlichen Ungenauigkeiten der praktischen Ausführung liegt.

Fig. 4

Die Construction der Parabel geschieht am Besten durch Ziehen der Tangenten. Der Parabelbogen AB in Fig.4 von der Höhe h, dessen Parabelscheitel in A liegt, hat in seinen Endpunkten die Tangenten AE und EB. Der Punkt E liegt um 2h von der Sehne AB entfernt und gleichzeitig auf dem Halbkreise über der halben Sehne AC. Theilt man AE und EB in gleichviel Theile und verbindet die homologen Theilpunkte, so umschreiben die Verbindungslinien als Tangenten eine Parabel AB, die ihren Scheitel in A und AE als Scheitelordinatenaxe hat.

Fig. 5

Aus dieser Construction geht nun hervor, dass es noch eine zweite Parabellinie geben muss, welche ebenfalls den Scheitel in A und die Pfeilhöhe h besitzt. Die Begrenzungstangenten sind dann, wie in Fig. 5 gezeichnet, AF und FB. Diese Parabel hat aber einen sehr kleinen Parameter und hebt in A sehr steil an, sodass ein Anschmiegen der zuströmenden Luft wenigstens beim horizontalen Segeln nicht eintreten könnte. Gleich hinter dem Vorderrande würden sich unter der Fläche starke Wirbel bilden, sodass eine dünne, nach dieser Form hergestellte Segelfläche unvortheilhafte Resultate geben müsste. Denken wir uns jedoch die Segelfläche in grösserer Dicke hergestellt und zwar an die Unterseite nach einem anderen Parabelprofil, etwa wie punktirt andeutet, so wird die Wirbelbildung vermieden, was den Segeleffect erhöhen muss.

Fig. 6

Derartige Flügelquerschnitte finden sich in zweierlei Form beim Vogel vor und zwar zunächst an dem Armtheil, wo in der Nähe des Vorderrandes die Knochen liegen, während das Federpolster die Unterfläche parabolisch glättet. Eine andere, ähnliche Profilform zeigen die getrennten Schwungfedern. Fig. 6 ist der Querschnitt der Schwungfeder des Kondors in natürlicher Grösse. Auch bei diesen einzelnen Federn ragt der Kiel in die Höhlung der Unterfläche hinter der Vorderkante hinein. Es bildet sich zwar dadurch an der Unterseite keine glatte Fläche, aber es ist hierdurch doch angedeutet, dass das Hervorragen des Feder-Kieles nach unten in die tiefe Höhlung hinein als nützliche oder wenigstens unschädliche Ausfüllung zu betrachten ist.

Die Natur scheint im allgemeinen mehr Werth auf eine glatte Oberseite zu legen wenigstens tritt dies deutlich an der Form der Schwungfedern hervor, welche oben stets vollkommen glatt sind, weil der Kiel mit seiner oberen Fläche sich ganz genau in die obere Krümmung der Federfläche einfügt, und die erforderliche Stärke lediglich durch Hervortreten nach unten erhält.

Hieraus könnte man schliessen, dass die Saugewirkung über den Segelflächen mehr Bedeutung bei dem Fluge hat als die Druckwirkung der Luft auf die Unterseite der Flächen; denn für eine sorgfältige Ausnützung der Saugewirkung durch Bildung einer glatten, möglichst zweckdienlich geformten Oberseite der Segelflächen hat die Natur ganz besonders gesorgt. Es ist nach den vorstehenden Entwickelungen auch nicht einzusehen, weshalb die über den Flügel hinstreichende Luft nicht mindestens ebenso hebend wirkt als diejenige Luft, welche an der Unterseite des Flügels entlanggleitet.

Solange es sich um möglichst dünn ausgeführten Trageflächen handelt, scheint beim Segeln eine Parabelform nach Fig. 4 oder die fast gleichlaufende Kreislinie als Profil am geeignetsten zu sein. Sobald aber stärkere Constructionstheile unterzubringen sind, empfiehlt es sich, diese nahe dem Vorderrande der Flügel anzubringen und zwar so, dass ein Flügelquerschnitt wie in Fig. 5 entsteht.

Meine Luftwiderstandsversuche gaben für diese beiden Fälle sehr annähernd gleiche Resultate. Es ist dadurch aber nicht ausgeschlossen, dass, wenn ein Forscher unter Anwendung einer sehr empfindlichen Messmethode die Eigenschaften dieser Flügelprofile eingehend untersuchte, noch manche Feinheit der Wirkung zur Vervollkommnung der Flugeffecte sich entdecken liesse, besonders, wenn man bedenkt, dass nur äusserst spitzwinklige Ablenkungen des Windes von der Horizontalen erforderlich sind, um das Segeln zu ermöglichen. Berechnen lässt sich in dieser Beziehung nichts. Der theoretische Calcül kann nur unserer Vorstellung zu Hülfe kommen und Vermuthungen in uns wachrufen. Die Bestätigung und die wahren Resultate muss der praktische Versuch ergeben.

 

Kehren wir nun zu den zuerst betrachteten Idealfällen zurück, wo eine segelnde Fläche mit kreisförmigem oder parabolischem, möglichst dünnem Querschnitt in horizontalem Winde schwebt, so finden wir das für diese Idealfälle entwickelte Resultat bezüglich der Grösse der hebenden Kraft mit der Wirklichkeit übereinstimmen, weil die Tragekraft des Luftstromes wirklichen Messungen entlehnt wurde. Eine Abweichung von dieser idealen Vorstellung wird aber in sofern vorhanden sein, als die sich bildende Tragekraft, welche nach der Theorie senkrecht hebend auftreten müsste, nicht senkrecht steht, sondern etwas von der Windseite abgewandt ist und zwar nach meiner Tafel VI um 4°...Die Fläche wird also nicht nur gehoben, sondern auch vom Winde zurückgedrängt. Es stellt nun zwar sin 4° nur einen kleinen Coefficienten für dieses Zurückdrängen dar; immerhin wäre aber doch ein dauerndes Segeln im gegebenen Falle unmöglich.Ausführbar würde das Stillstehen im Winde sein, wenn wir das ganze System der Fig. 2 oder 3 nach links um 4° gedreht denken, sodass der Luftstrom nicht horizontal, sondern um 4° ansteigend gedacht würde. Alsdann stände die Hebekraft genau senkrecht und die entsprechend belastete Fläche würde schweben. Wir hätten also den Fall, welchen wir am Thurmfalken so oft bewunderten, das schwebende Stillstehen im Winde.

Ein noch günstigeres Verhältniss tritt ein, wenn die Fläche horizontal gelagert bleibt und der Wind nur unter 3° aufsteigt. Dann steht die Tragekraft nach meinen Untersuchungen von Hause aus senkrecht. Es ergeben sich hierbei also Verhältnisse, welche dem Idealfalle sich noch mehr nähern, offenbar dadurch dass hier, wo der Luftstrom die Fläche unter 3° von unten trifft, für die Anpassung des Luftstromes an die vordere Flächenpartie nur geringere Zumuthungen gemacht werden brauchen. Wenn ein fliegender Körper solche schwach ansteigenden Winde vorfindet, so muss ein dauerndes Segeln mit geeigneten Flügeln ausführbar sein.

Dass die Luft niemals und nirgends mit gleichmässiger Geschwindigkeit horizontal sich bewegt ist bekannt. Ununterbrochen folgen sich aufeinander die leichteren und stärkeren Windstösse. Die Unebenheiten der Erdoberfläche sowohl als auch die vielgestaltigen meteorologischen Einflüsse stören ununterbrochen die gleichmässige Luftbewegung und äussern sich nicht nur in einer steten Schwankung in der Windstärke, sondern auch in Abweichungen von der mittleren Windrichtung. Es sind dieses aber nicht nur seitliche Ablenkungen, sondern Abweichungen von der horizontalen Richtung.

Die diesbezüglichen von mir gemachten Messungen veranlassten mich, die Erklärung des Segelfluges auf die Wirkung schwach ansteigender Windbewegungen zurückzuführen. Bis zu welchen Abweichungen von der Horizontalen die Windrichtung in den unteren Luftschichten, selbst über ebenem Terrain geht, zeigen nachstehende Diagramme. (Fig. 7-10). Dieselben liefern die Schwankungen des Windes in der Höhenrichtung während einer Minute. (siehe "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst." Abschnitt 33). Der Durchschnittswerth dieser Schwankungen liegt aber nicht in der Horizontalen selbst, sondern etwa 3° über derselben. Es scheint hiernach die Annahme berechtigt, dass der Wind mehr einen hebenden als einen niederdrückenden Einfluss auf einen Segelkörper ausübe. Hierbei ist aber nicht ausser Acht zu lassen, dass ein wahres Bild von den Hebewirkungen des Windes sich nur erreichen liesse, wenn man mit diesen Schwankungen in der Höhenrichtung gleichzeitig die Schwankungen in der Windstärke verbände. Meine vielfachen Anregungen, auch nach dieser Richtung hin Messungen vorzunehmen, sind bis jetzt leider unbeachtet geblieben. Man würde dadurch sicheren Aufschluss erhalten können, ob der dauernde Segelflug bei genügender Windstärke überall oder nur an gewissen geeigneten Orten möglich ist.

Fig. 8

Der Vogel, welcher mit feinem Gefühl begabte Schwingen besitzt, trifft jedenfalls beim Segeln in windiger Luft eine sorgfältige Auslese unter den mit verschiedener Hebewirkung begabten Luftpartien, sei es, dass er sich die wechselnde Geschwindigkeit oder die mit ansteigendem Winde versehenen Stellen des Luftgebietes zu Nutze macht. Die Periodicität in den kreisenden Bewegungen der Vögel steht vermuthlich mit den Perioden der Windbewegung im Zusammenhang. Durch Versuche wird dies wohl erst festgestellt werden können, wenn der Mensch bei seinen Segelflügen ebenfalls zum Kreisen gelangt.

Einige Forscher behaupten, dass der Segelflug auch bei vollkommen windstillem Wetter von den Vögeln ausgeübt würde. Diese Annahme müssen wir aber nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft auf einen Irrthum zurückführen. Wenn auch dort, wo der Beobachter gestanden hat, die Luft in vollkommener Ruhe gewesen sein mag, in grösserer Höhe, wo die kreisenden Vögel schwebten, ist jedenfalls genügender Wind mit den erforderlichen Eigenschaften gewesen, um das Segeln zu gestatten. Ich selbst habe häufig in scheinbar ruhiger Luft den segelnden Schwalben zugeschaut, nach näherer Untersuchung jedoch gefunden, dass die Schwalbe vermöge ihrer verhältnissmässig grossen Flügel nur 4-5 Meter Windgeschwindigkeit braucht, um sich segelnd in der Luft zu halten und dass in der Höhe, in welcher die Schwalben flogen, sehr gut 4-5 Meter Windgeschwindigkeit sein konnten.

Es ist hierbei auch zu bedenken, dass bei Windstille ein ganz schwacher, etwa mit ¼ bis ½ Meter Geschwindigkeit aufsteigender Luftstrom sich mit der Eigengeschwindigkeit eines Vogels so combiniren kann, dass die Wirkung einer genügend kräftigen unter ca. 3° aufsteigenden Luftbewegung gleichkommt.

Es bleibt jetzt noch ein Umstand zu erörtern, welcher wesentlich von der Form des Profiles der Segelflächen abhängt, und zwar die Stelle des Angriffspunktes der tragenden Kraft. Jeder, der mit praktischen Segelflügen sich beschäftigt, muss doch wissen, wo der tragende Punkt seiner Segelflächen sich befindet. Meine elementaren Versuche über den Luftwiderstand gekrümmter Flügel gaben keinen besonderen Anhalt für die Lage dieses Punktes, um so mehr aber meine Segelflugversuche. Wenn man ganz frei in der Luft schwebt, findet man sehr bald den eigentlichen Stützpunkt in welchem die Resultante des tragenden Luftdruckes angreift. Die Lage dieses Punktes hängt aber sehr von dem Luftstosswinkel ab. Der Tragpunkt rückt um so weiter nach der Vorderkante, je kleiner der Luftstosswinkel ist. Auch hierin weicht die Wirklichkeit von den betrachteten Idealfällen ab, bei denen die Resultirende der Hebekraft stets in der Mitte der Fläche angreift und zwar nicht nur bei dem Parabel- sondern auch beim Kreisprofil. Sowohl dieses Vorrücken des Tragepunktes als das Vornüberneigen der Kraftrichtung bei spitzwinkliger Luftdurchschneidung erklärt sich daraus, dass der eigentliche krafterzeugende Process an den vorderen Flächentheilen am vollkommensten sich vollzieht und nach dem hinteren Flächenrande zu durch die nicht ganz zu vermeidenden Wirbelbildungen sich abschwächt.

Früher und auch noch bei meinen Segelflügen von den Rhinower Bergen wandte ich Profilcurven an, welche nach vorn zu stärker gekrümmt waren, meist in einer nach Gutdünken entworfenen Linie. Der Tragepunkt bei einer um 9° gegen den Horizont geneigten Fluglinie lag um etwa ein Zehntel der grössten Flügelbreite vor der Flügelmitte. Aendert man aber die Form der Flugprofile, so verschiebt sich auch der Angriffspunkt des Luftdruckes. Die Nichtberücksichtigung dieses Umstandes hätte ich einmal beinahe theuer bezahlt.

Im vorletzten Winter stellte ich mir mehrere Apparate her, welche ein genaues mit der Kreislinie fast zusammenfallendes Parabelprofil nachFig. 4 erhielten. Den Angriffspunkt für die Hände und die Arme bestimmte ich auch wieder so, dass der Körperschwerpunkt im Mittel um 0,1 der Flügelbreite vor dem Flächenmittelpunkte lag. Als nun bereits vor Ostern die Versuche nahe bei Rhinow auf den noch höheren Stöllner Bergen begannen, bemerkte ich, dass ich mich mit dem Oberkörper bedeutend hintenüber legen musste, um in der Luft mit dem Apparate nicht vornüber zu schiessen. Bei einem von grosser Höhe ausgeführten Segelfluge gab dies die Veranlassung, dass ich bei gestreckten Armen in eine Körperlage gerieth bei welcher der Schwerpunkt zuweit nach hinten lag, während es mir bei der bereits eingetretenen Ermüdung nicht möglich war, die Oberarme wieder vorzuziehen. Als ich so in 20 Meter Höhe mit etwa 15 m Geschwindigkeit dahinsegelte, richtete sich der hinten zu sehr belastete Apparat immermehr auf und schoss schliesslich durch seine lebendige Kraft senkrecht in die Höhe. Ich hielt mich krampfhaft fest, sah nichts als den blauen Himmel mit weissen Wölkchen über mir und erwartete den Moment, wo der Apparat hintenüberschlagen würde, um meine Segelversuche vielleicht für immer zu beenden. Plötzlich jedoch hielt der Apparat im Ansteigen inne und ging rückwärts aus der Flöhe wieder herab, lenkte in kurzem Kreisbogen durch den schrägaufwärts gerichteten Horizontalschweif mit dem Hintertheil wieder nach oben, stellte sich hierbei auf den Kopf und sauste nun mit mir aus etwa 20 m Höhe senkrecht zur Erde hinunter. Mit klarem Bewusstsein, die Arme und den Kopf voran, den Apparat immer noch an den Handhaben festhaltend stürzte ich dem grünen Rasen zu. - Ein Stoss, ein Krach, und ich lag mit dem Apparat an der Erde. Eine Fleischwunde an der linken Seite des Kopfes, mit dem ich auf das Apparatgestell geschlagen war, und das verstauchte linke Handgelenk waren die einzigen schlimmen Folgen dieses Unfalles. Der Apparat war, so wunderbar es klingt, ganz unversehrt. Ich selbst sowohl wie mein Segelzeug waren gerettet worden, durch den elastischen Prellbügel, den ich wie durch eine höhere Fügung gerade zum ersten Male vorn am Apparate angebracht hatte. Der aus Weidenholz hergestellte Prellbügel selbst war vollkommen zersplittert, seine einzelnen Theile hatten sich fusstief in die Erde eingebohrt, sodass sie nur mit Anstrengung herausgezogen werden konnten.

Ich schildere diesen Unfall deshalb genauer, weil er wohl das Schlimmste darstellt, was bei diesen Segelflügen vorkommen kann. Ich bemerke aber ausdrücklich, dass dies nicht etwa jener Unfall ist, welcher durch die Presse so weite Verbreitung erlangte, und mir ungezählte Anfragen aus allen Ländern eintrug. Die einzigen fremden Zeugen dieses Sturzes waren die kleinen Mädchen und Knaben der Stöllner Schule, welche frei bekommen hatten und auf dem Rande des Berges sitzend mit ihren Lehrern meinen Versuchen zuschauten.

Mein Bruder, welcher ebenfalls an diesen Versuchen theilnahm und meinen verunglückten Flug so recht im Profil beobachten konnte, sagte, es hätte ausgesehen, als wenn ein Blatt Papier willenlos in der Luft herumsegelt. Bei meinen Tausenden von Segelflügen ist dies der einzige derartige Fall, und auch diesen hätte ich bei noch mehr Vorsicht vermeiden können.

Dass mir ein solches Unglück nicht wieder passirte, erzielte ich dadurch, dass ich erstens den Angriffspunkt der Hände mehr nach hinten rückte; denn die neue Profilform hatte auch die hinteren Flächentheile mehr mit Hebewirkung versehen und den Tragepunkt der Luft wesentlich nach hinten gerückt ,so dass er nur ein Zwanzigstel der Breite vor der Flügelmitte lag. Zweitens habe ich dafür gesorgt, dass ich mit den Oberarmen nicht ganz hintenüber fallen kann. Dieselben legen sich in einer mässigen Schrägstellung nach hinten gegen Polster und können durch Vorbeugen von dort jederzeit den Körperschwerpunkt wieder vorbringen. Wenn man jetzt mit der nöthigen Vorsicht die Uebungen anstellt, ist eigentlich jede grössere Gefahr ausgeschlossen. Die Anbringung eines Prellbügels ist natürlich stets rathsam. Auch bei dem äusserst geringfügigen Unfall, den ein zufällig anwesender Zeitungsreporter in übertriebener und wenig sachlicher Darstellung in die Presse brachte, bewährte sich der elastische Stoss des Prellbügels ganz vorzüglich. Auch bei diesem Versuche handelte es sich um eine Profiländerung. Ich war damit beschäftigt, Flügel mit möglichst starker Krümmung zu probiren, um vergleichende Versuche über den Einfluss der Wölbungstiefe auf die Tragfähigkeit anzustellen. Ich hatte schon mehrere glückliche Flüge mit einem Apparate angestellt, dessen Wölbungstiefe etwas über 1/12 der Flügelbreite betrug, als mir beim Segeln mitten in der Flugbahn der Apparat vorn durch Oberwind herabgedrückt und etwas unsanft in den Sand gebohrt wurde.

Bei diesen stark gekrümmten Profilen stellt sich die Gefahr ein, dass die vorn stark ansteigende Fläche durch plötzliche Windänderung Luftdruck von oben erhält, was die Stabilität des Fluges sehr vermindert. Es ist, wie schon früher betont, aus diesem Grunde rathsam, die Profilhöhe trotz ihrer vorzüglichen Tragewirkung bei freien Segelflügen nicht bis zu 1/12 der Flügelbreite auszudehnen. Sehr sicher wirkende und doch noch stark tragende Eigenschaften erzielt man bei Profiltiefen zwischen 1/18 und 1/15 der Flügelbreite, auf welche die Werthe der Tabelle ebenfalls passen.

 

Es ist selbstverständlich, dass, je mehr man in diese flugtechnischen Einzelfragen eindringt, um so mehr neue Gesichtspunkte sich eröffnen. Und zwar geschieht dies schon beim einfachen Segelfluge, der nur eine einfache Tragefläche erfordert. Wieviel mehr wird es aber nicht erst beim dynamischen Fluge sich zeigen. Ich habe bereits der Eindrücke genug hierüber erhalten. Doch davon ein anderes Mal. Wir müssen unverdrossen weiter arbeiten, um unsere Flugwerkzeuge, nachdem eine Basis für die Weiterentwicklung gewonnen ist, nach und nach zu vervollkommnen, um die jetzt erst unvollkommenen Flüge immer mehr auszugestalten.

Die Hülfe der allgemeinen Technik und Industrie wird man erst erwarten dürfen, wenn Aussicht ist, das durch die Wissenschaft Errungene geschäftlich auszubeuten. So lange es hierzu nicht kommt, wird der nöthige Schwung und die eigentliche Triebfeder in der Flugtechnik fehlen.

Sehr bezeichnend schildert Emile Veyrin 1894 im Februar-Heft des "Aeronaute" die Mühsal und den stillen Fleiss des Flugtechnikers indem er sagt:

"Wenn ein Apparat in wirklichen Gebrauch kommt, wie z. B. das Velociped, so schafft die grosse Industrie Specialwerkzeuge, mit Hülfe deren sie dahin gelangt, wahre Wunder von Festigkeit und Leichtigkeit hervorzubringen. Aber schaffe doch mal Jemand ein kostspieliges Werkzeug mit Rücksicht auf einen Apparat, welcher noch in der Anfangsperiode des Herumtastens sich befindet und welcher vielleicht der einzige seiner Art bleiben wird! Das ist unausführbar, um so mehr bei den schwachen Mitteln, über welche die Erfinder zu verfügen pflegen. Wieviel geistreiche Ideen bleiben nicht auch unfruchtbar! Welchen Campo santo würde man füllen können mit den Aeroplanen, Aeronefs und anderen Cadavern von Apparaten, welche in den Winkeln der Ateliers oder melancholisch an den Balken irgend einer Zimmerdecke hängend verfaulen, ohne Vortheil und ohne Ruhm für irgend Jemand."

Wird dieses Bild sich bald ändern? Wir wollen es hoffen!