"Seit der Deutsche 1891 die ersten fünfzehn Meter in der Luft zurückgelegt hat, sind die Flieger im Besitz einer Methode, mit der sie arbeiten können" beschreibt der französische Flugpionier Ferdinand Ferber 1905 rückblickend Ottos erste Flugversuche mit dem Derwitzer Apparat. In der Nähe von Derwitz bei Potsdam bekommt so der Mensch seine Flügel.
Der Südende-Apparat kommt ab 1892 in Berlin-Südende zum Einsatz. Der Gleiter ist mit seinen aufwendig geformten und beidseitig bespannten Tragflächen aerodynamisch perfektioniert. Durch die Größe und starre Konstruktion ist es allerdings schwierig den Apparat zu transportieren und zu verstauen.
Ab 1893 wird auf der Maihöhe in Berlin und in den Rhinower Bergen der erste Apparat mit anklappbaren Tragflächen nach Vorbild der Fledermaus verwendet. Gleiter und Fluggelände treiben Otto zu Höchstleistungen an – 250 m Flugweite wird während seiner gesamten Flugjahre Ottos persönliche Bestleistung bleiben.
Bereits vor den Gleitversuchen hatten die Lilienthal-Brüder viel Zeit in Flügelschlagexperimente gesteckt, um die perfekte Imitation des Vogelfluges mit technischen Mitteln zu erreichen. Mit dem Kleinen Schlagflügel-Apparat setzt Otto ab 1893 diese Bemühungen fort.
Der Normalsegel-Apparat wird Ottos Standardgleiter, den er guten Gewissens auch Zeitgenossen für eigene Flugversuche zum Kauf anbietet. Mit dem ab 1894 eingesetzten Apparat stürzt Otto am 9. August 1896 am Gollenberg bei Stölln ab und zieht sich dabei tödliche Verletzungen zu. Er verstirbt nur einen Tag später an den Folgen seines Unfalls in Berlin.
Ab 1895 intensiviert Otto seine Bemühungen die Flugstabilität und Steuerbarkeit seiner Gleiter zu optimieren. Am Vorflügel-Apparat, den Lilienthal nur "Experimentiergerät" nennt, sind mit Flügelklappen, Widerstandsflächen, Tragflächenverwindung und beweglichem Seitenruder zahlreiche aktive wie passive Steuerelemente verbaut.
Die Idee zu einer zweiten „Tragfläche über der Tragfläche“ wird eher aus der Not heraus geboren. Da Otto seine Apparate durch Verlagerung seines Gewichts (vor allem der Beine) steuert, dürfen die Tragflächen nicht zu große Spannweiten aufweisen. Um dennoch eine Vergrößerung der Flügelfläche zu erreichen, wird 1895 der Doppeldecker eingeführt, dessen hervorragende Flugeigenschaften auch Lilienthal durchaus überraschen.
Einige seiner Apparate baut Otto in einer kleinen und großen Ausführung. Bei höheren Windgeschwindigkeiten bleiben die kleineren Varianten der Gleiter weiterhin beherrschbar. Apparate, wie der Große Doppeldecker von 1895 liefern hingegen auch bei Windstille genügend Auftrieb für einen kontrollierten Gleitflug.
Ottos steter Traum wie ein Vogel dauerhaft fliegen zu können, mündet 1895 auch in der Entwicklung des Großen Schlagflügel-Apparates. Wie schon sein kleinerer Vorgänger von 1893 werden die äußeren Schwungfedern über einen Kohlensäuremotor zum Auf- und Abschlagen gebracht. Zu erfolgreichen Flugversuchen mit diesem Gleiter kommt Otto bis zu seinem Tod 1896 nicht mehr.
Fast 20 Jahre nach Ottos Tod beginnt Bruder Gustav 1914 wieder mit eigenen Versuchen zum Flügelschlag, um den gemeinsamen Traum vom Fliegen zu vervollständigen. Gustavs „Großer Vogel“ wird nie einen Millimeter vom Boden abheben. Gustav stirbt 1933 auf dem Weg zum Flugplatz Adlershof in Berlin, wo sich seine Flugwerkstatt befand.